Tschernobyl Reloaded Tag 7

Die zwei Schwestern…

Ein neuer Tag, eine neue Aufgabe. Heute mussten wir aus dem Tschernobyl Hotel auschecken und wollten nach dem Frühstück in einen kleinen Ort in die Sperrzone fahren. Da vor dem Restaurant aber immer noch der alte Wolga im Tarnlook stand, mussten wir unbedingt Fotos mit der Hasenmaske und dem Auto machen. Mischa organisierte die Schlüssel vom Fahrer und Thomas und Petra mussten kurzerhand als Modelle herhalten. Dem Fahrer gefiel unsere Idee und er gab Thomas eine alte russische Militär Jacke. Beide setzten die Hasenmasken auf und stiegen in das Auto ein. Es sah aus, wie verspätete Flitterwochen. Im Restaurant verkauften sie auch die alten Offiziers Mützen. Ich wollte unbedingt eine haben und fragte Mischa was sie denn kosten würden. Er meinte vermutlich 250 UAH. Bei dem Preis wollte ich mehr als eine.  Ich fragte wie viele es denn gäbe und die Kellnerin meinte zu mir sie hätten noch vier Stück.  Wie viele ich denn wolle?  Meine Antwort war  „all of them“. Die Fahrt war wieder einmal holprig, ging aber immer eine extrem breite Straße entlang. Mischa erklärte mir, dass diese Straße zum Lager der Liquidatoren geführt hätte. Vorsichtshalber sagt er auch gleich dazu, dass es bereits abgerissen worden ist. Da er vermutlich befürchtete, dass wir sonst dort auch noch hin wollen würden. Nach gut einer Stunde Fahrt kamen wir im Dorf an und besuchten Babuschka Ganja, die hier mit ihrer 81 jährigen Schwester Sonja in einem kleinen Bauernhaus lebt. Sonja ist seit Kindesalter an körperlich und geistig leicht behindert und benötigt somit Betreuung durch eine andere Person. Ganja ist bereits 85 und noch immer recht fidel. Sie lud uns in ihr Haus ein und kocht sofort ein Mittagessen. Vermutlich waren wir von Mischa bereits angekündigt. Die alten Weiber scheinen vom Tourismus gar nicht schlecht Weg leben zu können und sehen ihn vermutlich auch als willkommene Abwechslung zum Alltag. Ganja servierte uns Röstkartoffel, Salat, gebackenen Fisch, Pfannkuchen aus Germteig und noch ein paar andere Kleinigkeiten. Das Essen war besser als in der Kantine vom Werk. Zum Verdauen gab es einen selbstgebrannten Wodka. Die Alte war gar nicht schlecht darin, Schnaps zu brennen. Da mich das Thema ja interessierte, fragte ich, wie sie den Wodka herstellen würde. Mich hätte es gewundert, wenn es reiner Kartoffelschnaps gewesen wäre. Sie mischt Kartoffel mit irgendeiner Früchtemarmelade und vergärt das Zeug, um es danach zu brennen. Der Schnaps war aber nichtsdestotrotz sehr gut. Sonia lag zuerst nur im Bett und grinste mich an. Später versuchte sie sich aufzurichten und aus dem Bett zu steigen. Die beiden Weiber saßen gemeinsam am Bett und Ganja meinte die ganze Zeit, wir müssten doch auf essen. So kurz nach dem Frühstück konnte aber keiner von uns wirklich viel essen. Hannes rettete unsere Ehre und fütterte was das Zeug hielt. Die Alte war richtig stolz auf ihn. Wir stellten ihr noch einige Fragen und erfuhren so, dass sie nach der Katastrophe mit ihrem Mann und ihrer Schwester in ein Apartment nach Kiew ziehen musste, wo sie sich nicht wirklich wohlfühlten. Nach einem Jahr durften sie wieder zurück in ihr Dorf und es zogen ca. 200 anderen zurück. Von denen sind aktuell noch 15 übrig. Ganjas Ehemann starb vor rund 20 Jahren. Mit ihm hatte sie auch ein Kind, das aber mit 2 Jahren gestorben ist. So lebt sie mit Sonja in einer symbiotischen Beziehung. Beide halten sich gegenseitig bei Laune und Ganja kümmert sich liebevoll um die behinderte Schwester. Ihre größte Sorge ist, dass sie vor Sonja sterben würde. Wer soll sich dann um ihre Schwester kümmern? Auf dem Rückweg nach Tschernobyl versuchte ich krampfhaft per Telefon eine Bestätigung für das Fotostudio zu bekommen. Schlussendlich gelang es uns für Samstag ein Studio zu buchen. Die Anzahlung mussten wir per Bank überweisen. Irgendwie sind sie wirklich umständlich. Auf dem Weg nach Kiew aßen wir noch eine Kleinigkeit zu Mittag und erklärten Mischa, dass wir uns noch ein altes Hochhaus, welches mittlerweile ein Lost Place war, ansehen wollten. Ich bin voriges Jahr auf diesem Gebäude gestanden, als ich die Rooftop Tour gemacht hatte. Leider wird das Gebäude aktuell komplett saniert und ist kein Lost Place mehr. Somit konnten wir das Outdoor Shooting eigentlich vergessen. Jetzt hieß es frisch machen für die Buddha Bar. Der Bart muss ab und die Wäsche gewaschen werden. Frisch geschneuzt und gestriegelt trafen wir uns im Restaurant. Das Abendessen war, wie für die Buddha Bar üblich, sehr vietnamesisch – asiatisch angehaucht. Mir schmeckt es dort vorzüglich. Hinauf in den ersten Stock zur Bar. Irgendwie war diesmal relativ wenig los. Bis Mitternacht füllte sich der Laden langsam und auch der Tablar Trommler kam dann wieder auf sein Podest. Die Bauchtänzerin sparten sie sich diesmal leider. Wir entschieden gegen 0:30 Uhr noch in eine andere Bar zu ziehen. 2 Uhr Taxis wurden bestellt und wir fuhren den Kreschatyk zum anderen Ende. Ab in die Arena bar noch einen Mojito getrunken und dann gegen 2 Uhr schlafen gegangen. Thomas verlor leider auf der Rückfahrt sein Handy im Taxi. Da es in Taxi nicht mit Uber geholt hatte, war es praktisch ein Unding es wieder zu bekommen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil von Uber ist, dass man ja immer nachvollziehen kann, mit wem man welche Fahrt gemacht hatte.

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